HAUSHALTSREDE der Fraktionsvorsitzenden der FREIEN WÄHLER

 Annette Odendahl zum Haushaltsplanentwurf 2021          GR Sitzung am 24. November 2020

 

 

,,Optimismus ist Pflicht.

                                                              Man muss sich auf die Dinge konzentrieren,

                                                              die gemacht werden sollen und für die

                                                              man verantwortlich ist.“          Karl Popper

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

werte Pressevertreter, liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Nie gab es eine Haushaltsverabschiedung in so schwieriger Zeit wie dieses Jahr.

Dem geschuldet tagt heute der letzte Gemeinderat in diesem Jahr, um notwendige wegweisende Beschlüsse in Verantwortung für unsere Stadt auf den Weg zu bringen. Die Fraktionen verzichten, ihre Haushaltsreden vorzutragen, um die Sitzung zu verkürzen.

Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen, auch deshalb haben sich die Fraktionen auf wenige Anträge beschränkt. Um des größeren Ganzen willen, sollten wir uns -frei nach Popper – auf die Dinge konzentrieren, die gemacht werden MÜSSEN, Prioritäten setzen und auch einmal Wünsche ablehnen.

Beispielhaft und in konzentrierter Form geschieht das heute – wie jedes Jahr- wenn der kommunale Haushalt für 2021 und die Haushaltsanträge beschlossen werden.

Im Rahmen widersprüchlicher Forderungen und Erwartungen werden wir heute Abend anhand von 16 Haushaltsanträgen unterschiedliche oder gemeinsame Standpunkte über Fraktionszugehörigkeiten hinaus ausloten und gute demokratische Entscheidungen treffen.

 

GRUNDSÄTZLICHES

Als Fraktion sprechen wir als Erstes allen Einwohnern, allen Unternehmen, Handel und Gewerbe einen großen Dank für ihre Einkommensteuer und Gewerbesteuer aus! Ohne Sie, sehr geehrte Steuerzahlenden, wäre dieser Haushaltsplan nicht machbar!

Die Planung für 2021 kann durchaus als im Prinzip solide bezeichnet werden, weist aber zahlreiche Unwägbarkeiten und Stellen von ,,dünnem Eise“ auf. Nicht verwunderlich werden die Gewerbesteuer und Einkommensteuer teils massiv zurückgehen (Seite 13 Planentwurf). Und die Aufstellung des HH Plans berücksichtigt noch nicht den 2. Lockdown seit Anfang November!

Das führt zu einem Minus in der Ergebnisplanung von 1.281.000 EUR.

 

SCHULDENSTAND

Der Plan weist für Ende 2021 eine erschreckend niedrige Liquidität auf, die nur noch rd. 5.000 EUR über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestliquidität liegt, und dies auch nur, wenn ein Darlehen von 870.000 EUR hierfür aufgenommen wird. Eine andere Zahl: Pro-Kopf-Verschuldung Waldenbuchs muss für 2021 mit 536 EUR angesetzt werden, der Landesdurchschnitt beträgt 309 EUR für Ortschaften von 5000 – 10.000 Einwohnern.

Die FREIEN WÄHLER   wollen nicht, dass hohe Schuldenstände über Jahre unsere Haushalte beherrschen. ,,Schulden werden von unseren Kindern getilgt?“

Gut, dass vernünftigerweise die Planung Kreisverkehr am Farrenstall auf 2024 verschoben wurde. Wer weiß, was bis dahin ist, dem sehen wir zu gegebener Zeit gelassen entgegen. Auch 2024 gilt:

Ist ein solches Vorhaben, rein kreditfinanziert, wirklich vertretbar?

Die Kreisverkehrsplanung wurde vor, nach und in der Bürgerversammlung am 19.2. von den meisten Anwesenden kritisch und nicht wirklich von überzeugender Qualität beurteilt.

Um es auf den Punkt zu bringen:

Will ich für rund 3 Mill EUR einen möglicherweise besser fließenden Verkehrsfluss, mit dem ich mir womöglich noch mehr Verkehr anziehe, und von dem ich befürchte, dass er die erhoffte Verbesserung gar nicht bringt, – oder ist auch die jetzige T- Kreuzung zwar nicht optimal, aber vertretbar? Dafür habe ich dann im Gegenzug Spielraum für wichtigere Pflichtaufgaben und andere notwendigere Investitionen und 2024 keine prognostizierten Gesamtschulden von rd. 28 Mill EUR. Auch ohne Kreisverkehr wird sich das Haushaltsdefizit bereits kräftig erhöhen.

 

INVESTITIONEN

Für größere Investitionen ist 2021 kein Platz, wie gesagt. Nur für das Notwendige. Niemand weiß derzeit, wie lange die Pandemie anhalten wird,

die Ausgaben weiterhin steigen lassen wird, die Steuereinnahmen weiterhin sinken, die Wirtschaftskraft sich weiter verringern lassen wird…

Andererseits sehe ich es auch als Chance – wie ich schon letztes Jahr sagte -, größere Projekte, vor allem Neubautätigkeiten mit mehr Ruhe und Planungszeit anzugehen. Nach Einschätzung der FREIEN WÄHLER schätzt die Bürgerschaft eher ein gelassenes Schritt- für- Schritt Vorgehen, statt zu viel auf einmal zu verwirklichen. So jedenfalls bekommen wir immer wieder die Rückmeldungen von Bürgern.

Die FREIEN WÄHLER stehen voll hinter den Investitionen 2021, die für die Lebensqualität und Daseinsfürsorge der Mitbürgerinnen und Mitbürger, gerade auch der Kinder unabdingbar sind: Schul- und Klassenzimmersanierungen, EDV Ausstattung, Sicherheitssanierungen, Hallenbad-/Schulschwimmbad– und Schulturnhallensanierung, Straßensanierung und einiges mehr.

 

MEHRGENERATIONENHAUS

Ein großer Schritt hin zu einer bürgernahen und bürgerfreundlichen Quartiersentwicklung mit dem MGH auf dem Hallenbadareal erfolgte am 17.Dez. 2019 mit zukunftsweisenden Beschlüssen zu den Plänen von Investor und dem späteren Betreiber.

Seitdem ist es ruhig um das Vorhaben geworden. Zu unserer größten Überraschung fand sich in der mittelfristigen Finanzplanung einschließlich 2024 kein Posten für den zukünftigen Ankauf eines Mehrzweckraumes für öffentliche Veranstaltungen, Büchereiveranstaltungen, Vereinsnutzung und dergleichen. Das geht so nicht. Deshalb beantragen wir, eine realistische Summe für einen öffentlichen Raum in die Investitionshaushalt einzustellen!

Der Standort für das MGH mitsamt einem öffentlichen multifunktionalen Raum ist als zukünftiger Treffpunkt für alle Generationen nicht nur des Quartiers, sondern der gesamten Stadt, einfach ideal. Der Gemeinderat sollte auch über eine Neuregelung der Parksituation auf dem Hallenbad-Parkplatz nachdenken.

Noch ruhiger wurde es um das Areal Sängerheim Glashütte, weitere Schritte hin zu dem zweigruppigen Kindergarten mit Reihenhäusern und Geschosswohnungsbau stocken z.Zt. Wir bitten die Stadtverwaltung dringend, hierfür den Beschleunigungsgang einzulegen!

 

SANIERUNGSGEBIET

Unser liebenswertes historisches Städtle soll durch das Sanierungskonzept  ,,Erweiterter Altstadtkern“ noch heimeliger und attraktiver werden und Einheimische und Besucher anziehen. Das ist nicht leicht. Aber mit dem Beginn der Restaurierung in der Vorderen Seestraße und der Nutzung der zehntscheuer als natürliche Fortsetzung der restaurierten Seestraße sollen 2021 weitere wichtige Schritte zur Belebung der Altstadt unternommen werden. Erhalten statt abreißen- das ist das gute Motto!

 

KLIMASCHUTZ und NACHHALTIGKEIT

Große Priorität haben für uns Nachhaltigkeit und Klimaschutz, naturnahe, insektenfreundliche private und städtische Flächen. Da sind wir inhaltlich mit den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat einig. Unterschiedlich sehen wir die Vorgehensweise hin zu besserem Klimaschutz. Wir beantragen eine Klausur, um intensiv und konzentriert sich diesem Thema unter Waldenbucher Gegebenheiten zu widmen.

Unser Antrag, sich finanzielle und ideelle Unterstützung bei Land und NABU im Zuge von Natur nah dran zu holen, hatte im dritten Anlauf Erfolg! Super! Die Blühflächen fürs für‘ s kommende Jahr sind schon vorbereitet und wir freuen uns darauf. Auch auf die gute Zusammenarbeit mit unserer neuen Nachhaltigkeitsbeauftragten Dr. Palmer sind wir gespannt.

 

RADWEGE

Ein Radwege- Gesamtkonzept mit Verbesserungen im Sicherheitsbereich wird in unseren Küchengesprächen immer wieder thematisiert. Als Stadt hinken wir da etwas hinterher, das müssen wir ehrlicherweise einräumen. Die veranschlagten 600.000 EUR Kosten für eine Radwegverbindung Altstadt- Kalkofen wirkte abschreckend. Ein guter erster Schritt ist für uns die Ertüchtigung des Panoramawegs. Diesem Antrag der Kollegen stimmen wir gern zu. Darauf ist aufzubauen.

Wir schlagen vor, ausführlich und im Detail im Laufe des Jahres Vorschläge für Radwegverbesserungen im Zuge der Klimaschutz- Arbeit anzugehen. Als Basis für die Klimaschutzaktivitäten beantragen wir eine Klausur mit Fokussierung genau auf dieses wichtige Thema. Viele Vorschläge liegen noch unbearbeitet seit 2015 in der Schublade.

Das müssen wir anpacken! Radwegverbesserungen können ein Teil davon sein.

Fast auf den tag am 1.12. vor 2 Jahren gab es den Bürger- Workshop ,,Zukünftige Mobilität für Waldenbuch“- dazu gehört für uns auch das Rad.

Es war ein guter Ansatz, aber seither hörte man von dieser Bürgerbeteiligung nichts mehr(?).

 

FÖRDERUNG des EHRENAMTS

Sämtlichen Positionen im Haushaltsplanentwurf, die das Ehrenamt und die Vereinsarbeit finanziell unterstützen, stimmen wir aus vollem Herzen und Überzeugung zu. Die Fraktion möchte sich bei allen Waldenbucher Vereinsmitgliedern, Vorständen, Feuerwehrkameraden/-innen, DRK-lern und Ehrenamtlichen außerhalb der Vereine sehr herzlich für Ihr Engagement bedanken. Die städtische Vereinsförderung mit Investitionszuschüssen und Jubiläumszuwendungen sind mehr als gerechtfertigt. Sie sind ein Zeichen öffentlicher Wertschätzung. Vereinsfeste, Wiedereröffnungen und Jubiläen, Konzerte – natürlich aktuell unseren Weihnachtsmarkt – vermissen wir schmerzlich! Die Corona-Monate haben uns (und vielleicht auch dem ein oder anderen ,,Vereinsmuffel“) vor Augen geführt, wie wichtig für das gemeinschaftliche Wohlfühlen in einer Stadt gerade die Vereine sind.

In diesem Zusammenhang: Seit 32 Jahren geht vom Karl-Sturm-Haus kein Lärm aus, sondern Musik! So sehen wir das auch für die Zukunft! Spätere Gebäude müssen sich nach dem Bestand richten und dürfen nicht zu finanziellem Nachteil für die Stadtkapelle führen.

 

ZUM guten SCHLUSS

Wir bedanken uns beim Kämmerer und seinem Team für die gründliche Vorarbeit zum Haushaltsplanentwurf 2021, diesmal erschwert durch zusätzliche Arbeiten aufgrund der Pandemie.

Mehrheitlich werden wir dem Haushalts- Entwurf zustimmen. Aufgrund der – wenn auch unverbindlichen – mittelfristigen Position für einen Kreisverkehr ab 2024 werden aus prinzipiellen Gründen Fraktionsmitglieder dem HH nicht zustimmen.

Lassen Sie uns – frei nach Popper – gemeinsam pflichtbewusst optimistisch sein, was die Zukunft betrifft, und uns auf die Dinge konzentrieren, die in Waldenbuch gemacht werden müssen.

Für Ihre Aufmerksamkeit danke ich Ihnen!

(AO)

 

 

 

 

 


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