HAUSHALTSREDE der Fraktionsvorsitzenden der FREIEN WÄHLER

 

Annette Odendahl zum Haushaltsplanentwurf 2019 GR Sitzung am 26. November 2019

,,Ich ziehe auf der Suche nach neuen Antworten in der modernen Zeit
bewährte Rezepte vor:
gut übereinander reden,
unterschiedliche Standpunkte respektieren, Gemeinsamkeiten ausloten
und nie das größere Bild aus dem Auge verlieren.“

Elizabeth II. britische Königin

 

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
werte Pressevertreter, liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Wer kann schon der im Leben und Politik höchst erfahrenen britischen Königin widersprechen?
Was für das britische Empire gilt, kann auch für unsere schwäbische Kleinstadt Waldenbuch gelten.

So bin ich dankbar, dass wir im zu Ende gehenden Jahr in der Wahlkampfzeit in Waldenbuch nicht ,,schlecht“, sondern respektvoll mit- und übereinander geredet haben. Leider ist das nicht selbstverständlich, wie wir fast täglich in den Medien erleben können. Danke, liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der Konsequenz können wir deshalb in der jetzigen, neuen Legislaturperiode unsere unterschiedlichen Standpunkte, die zu einer lebendigen Diskussionskultur dazugehören, gegenseitig respektieren.

Im Rahmen widersprüchlicher Forderungen und Erwartungen werden wir heute Abend anhand von 19 Haushaltsanträgen Unterschiedliches, aber auch Gemeinsamkeiten ausloten und gute demokratische Entscheidungen treffen.

Das Gesamtwohl unserer Heimatstadt entspricht dem von der Monarchin genannten ,,größeren Bild“ oder größeren Ganzen, das nie aus den Augen zu verlieren wir uns redlich bemühen.
Beispielhaft und in konzentrierter Form geschieht das, wenn der kommunale Haushalt für das kommende Jahr zusammen mit den Haushaltsanträgen beschlossen wird. –

 

GRUNDSÄTZLICHES

Als Fraktion sprechen wir als Erstes allen Einwohnern, allen Unternehmen,
Handel und Gewerbe einen großen Dank für ihre Einkommenssteuer und
Gewerbesteuer aus! Ohne Sie wäre dieser Haushaltsplan nicht machbar.

Im vierten Jahr liegt uns ein doppischer Haushalt vor, aber anders als sonst,
können wir nicht erleichtert aufatmen. Mit dunklen Wolken verdüstert sich der
Konjunkturhimmel zusehends.

Erst vor 3 Tagen sagte in der Tagesschau der Präsident des
Weltwirtschaftsinstituts Kiel: ,, Die nächsten Jahre können auch für
Deutschland sehr schwierig werden. Es wird zu viel überlegt, wo und wie man
Geld ausgeben kann, aber es wird zu wenig überlegt, wo man weniger Schulden
machen kann.“

 

SCHULDENSTAND

In den vergangenen Jahren lag dem GR stets ein solider, geradezu
,,schwäbischer“ Haushaltsplan- Entwurf auf dem Tisch.

Dieser Haushaltsplan- Entwurf ist anders.

Die FREIEN WÄHLER sehen mit großer Sorge die geplanten rund 3 Mill. EUR
Darlehensaufnahme für Planung und Bau eines Kreisverkehrs am Farrenstall
Stuttgarter Str./Echterdinger Str.

Ist ein solches Vorhaben, rein kreditfinanziert, bei einem Defizit von 979.445
EUR im Ergebnishaushalt wirklich vertretbar?

Wir wollen das Risiko einer solch hohen Schuldenverpflichtung für die
kommenden Jahre nicht und beantragen (Antrag Nr. 7) die Streichung des
Postens, der aus verschiedenen Teilposten besteht. Einzig den Teilposten
Nürtinger Straße wollen wir von der Streichung ausnehmen. Wir schließen uns
dem Landrat an, der Waldenbuch schon früher in einem Schreiben zu ,,strikter
Ausgabendisziplin“ mahnt, man solle ,,größere Ausgabensprünge vermeiden“.

Wir wollen nicht, dass hohe Schuldenstände über Jahre unsere Haushalte
beherrschen.

Zudem: Die Kreisverkehrsplanung ist für die FREIEN WÄHLER kein
überzeugendes Konzept. Und für sehr viele Bürgerinnen und Bürger auch nicht.

Um es auf den Punkt zu bringen:
Will ich für rund 3 Mill EUR einen möglicherweise besser fließenden
Verkehrsfluss, mit dem ich mir womöglich noch mehr Verkehr anziehe, und von
dem ich befürchte, dass er die erhoffte Verbesserung gar nicht bringt, – oder ist
auch die jetzige T- Kreuzung zwar nicht optimal, aber vertretbar? Dafür habe
ich dann im Gegenzug Spielraum für wichtigere Pflichtaufgaben und andere
notwendigere Investitionen.

Oder anders: Wieweit will ich zukünftige Haushalte noch mehr belasten, wenn
schon jetzt die Schuldenübersicht für 2021 von 20.400.000 EUR, für 2022
von22.000.000 EUR und für 2023 von einem Schuldenstand von 27.000.000
EUR (gerundete Zahlen) ausgeht?

 

INVESTITIONEN

Für größere Investitionen ist 2020 kein Platz, wie gesagt. Nur für das
Notwendige.

  •  weitere Sanierungen von Klassenzimmern der OSS
  • Planungen für den Kindergarten Areal Sängerheim Glashütte, allerdings
    stocken diese derzeit; wir sind gespannt, wie es weitergeht
  • notwendige Straßen- und Kanalsanierungen
  • Schulstaffel
  • usw.

Auch ohne einen Kreisverkehr, falls unser Antrag eine Mehrheit fände, müssen
wir die Merkposten = wünschenswerte Investitionen der mittelfristigen
Finanzplanung von insgesamt rund 14 Mill EUR ganz kräftig abspecken. Die
Sanierung der Schulhöfe z.B. wurden bereits um ein Jahr verschoben.

Andererseits sehe ich es auch als Chance, größere Projekte, vor allem
Neubautätigkeiten mit mehr Ruhe und Planungszeit anzugehen. Nach
Einschätzung der FREIEN WÄHLER schätzt die Bürgerschaft eher ein gelassenes
Schritt- für- Schritt Vorgehen, statt zu viel auf einmal zu verwirklichen. So
jedenfalls bekommen wir immer wieder die Rückmeldungen von Bürgern.

 

ABGABELASTEN

Schmerzlich sind, wie jedes Jahr, neben verschiedenen anderen Abgabelasten
die Umlagen an Region und Kreis. Aber schließlich benötigt der Kreis das Geld
für Berufs- und Förderschulen, für Krankenhäuser und qualifiziertes
medizinisches und pflegendes Personal, für den Natur- und Umweltschutz, für
richtungsweisende Radwegenetze, vor allem für die riesigen sozialen Aufgaben
nach dem Teilhabegesetz und letztlich bzw. an vorderer Stelle für das geplante
Flugfeld- Klinikum, dessen konkretere Pläne Anfang 2020 vorgestellt werden
sollen.

Die FREIEN WÄHLER sind als Kämpfer für niedrige Kreisumlagen bekannt.

Die Kreistagsfraktion stellte den Antrag, den vom Landrat geplanten Hebesatz
von 32 auf 31 v.Hd. abzusenken. Das wären für Waldenbuch immerhin 145.000
EUR Aufwendungen weniger (und ein bisschen Liquidität mehr). Wir können
wohl für einen positiven Beschluss des Kreistags am 17. Dezember optimistisch
sein, denn CDU und Grüne stellten den gleichen Antrag.

 

ZIELKONFLIKTE

,,Gemeindepolitik heißt nicht Friede- Freude- Eierkuchen. Kundenzufriedenheit
ist nicht immer garantiert.“ Dieser Ausspruch eines altgedienten
Bürgermeisters aus dem Gäu erinnert an die Zielkonflikte in den
Entscheidungen des Gemeinderats.

Sei es ergänzende Wohnbebauung auf Freiflächen – Stichwort
Innenverdichtung -, sei es Erschließung neuer Baugebiete am Ortsrand, es gilt
den Spagat zu machen zwischen dem Erstellen von dringend benötigtem
Wohnraum und dem Schutz von Natur und Landschafts- und
Erholungsgebieten.

Die Freien Wähler bemühen sich nach Kräften, bei jedem speziellen Projekt alle
Argumente sorgfältig abzuwägen, um einen belastbaren Kompromiss und eine
für Wohnungssuchende UND Nachbarn zufriedenstellende Lösung bzw.
Planung zu finden. Ein wichtiges Kriterium ist für die FREIEN WÄHLER, ob sich
die geplante Bebauung in den Altbestand, also die bestehende Nachbarschaft
und den Charakter des Ortsteils einfügt. Genau hinschauen heißt es deshalb in
der Nürtinger Straße, Stuttgarter Straße, der Glashütte und dem AUCH Areal; in
der Hinteren Seestraße und Marktstraße sind wir in dieser Hinsicht auf einem
guten Weg.

 

MEHRGENERATIONENHAUS

Der nächste große Schritt hin zu einer bürgernahen und bürgerfreundlichen
Quartiersentwicklung auf dem Kalkofen, wird im GR am 17.Dez. erfolgen.

Auf diese Sitzung freue ich mich schon jetzt sehr, denn an diesem Tag werden
die weitreichenden Pläne für das MGH auf dem Hallenbadareal mit
Wohnungen, Pflegeeinrichtungen und Sonderräumen der Öffentlichkeit
vorgestellt und zukunftsweisende Beschlüsse gefällt. Bewerbungen für
Wohnungen oder Senioren- WGs werden schon jetzt geäußert.

Der Standort ist ideal, so dass sich das MGH mit Sicherheit zu einem echten
Treffpunkt für alle Generationen nicht nur des Quartiers, sondern der
gesamten Stadt entwickeln wird.

Im Zuge der Realisierung sollte der Gemeinderat auch über eine Neuregelung
der Parksituation auf dem Hallenbad-Parkplatz nachdenken.

 

NATURNAHE FLÄCHEN
Wir begrüßen ausdrücklich die Umsetzung des Friedhofsentwicklungsplan.
Endlich können Hinterbliebene individuell die Bestattungsart wählen. Wir
haben nur positive Rückmeldungen.

Wichtig sind uns auch naturnahe, insektenfreundliche private und städtische
Flächen. Deshalb unser Antrag, sich hierfür finanzielle und ideelle
Unterstützung bei Land und NABU zu holen. Wie ist der Stand der Dinge bei
städtischen Ausgleichsmaßnahmen? Darauf zielt unser Antrag Nr. 6 Natur nah
dran.

Für ein Radwegekonzept mit Verbesserungen im Sicherheitsbereich stellen wir
uns gern zur Verfügung. Wir schlagen vor, ausführlich und im Detail im Laufe
des Jahres Vorschläge und Anträge für Radwegverbesserungen zu diskutieren.

Für die Steigerung der Lebensqualität in unserer Stadt wollen wir noch zwei
spannende Aspekte nennen.

  1. Den Bürgerbus, der, bei steigenden Fahrgastzahlen, die Vereinsgründung
    im Januar plant.
  2. Den Lärmaktionsplan, der beauftragt ist, und auf dessen Ergebnisse wir
    gespannt sind.

 

FÖRDERUNG des EHRENAMTS
Sämtlichen Positionen im Haushaltsplanentwurf, die das Ehrenamt und die
Vereinsarbeit finanziell unterstützen, stimmen wir aus vollem Herzen und
Überzeugung zu. Die Fraktion möchte sich bei allen Waldenbucher
Vereinsmitgliedern, Vorständen, Feuerwehrkameraden/-innen, DRK-lern und
Ehrenamtlichen außerhalb der Vereine sehr herzlich für Ihr Engagement
bedanken. Die städtische Unterstützung (Vereinsförderung,
Investitionszuschüsse, Jubiläumszuwendungen, z.B. für den TSV, den OGV, die
AWO und den Fischerverein, sind mehr als gerechtfertigt. Sie sind ein Zeichen
öffentlicher Wertschätzung.

An dieser Stelle gratulieren wir herzlich den Mitarbeitern des -ehemals-
Bauhofs Dettenhausen/Waldenbuch zur Eröffnung des neuen, leistungsstarken
Gebäudes HandwerkTechnikNatur!

Zum guten Schluss bedanken wir uns beim Kämmerer und seinem Team für die
gründliche und sicher zeitintensive Vorarbeit zum Haushaltsplanentwurf 2020.
Der weitere Verlauf der Sitzung wird zeigen, ob wir dem HH Plan- Entwurf
zustimmen können.

Und ganz zum Schluss:
Lassen Sie uns gemeinsam dafür werben und uns selbst dafür einsetzen, dass in
unserer Stadt Waldenbuch in dieser modernen Zeit bewährte, ,,königliche“
Rezepte beherzigt werden

  • gut übereinander reden,
  • unterschiedliche Standpunkte respektieren,
  • Gemeinsamkeiten ausloten und
  • nie das größere Bild aus den Augen verlieren.

 

Für Ihre Aufmerksamkeit danke ich Ihnen! (AO)